Wolfgang Timischl, HTL Graz Gösting
 
Vertrauensbereiche bei Binomial- und Poissonverteilung mit dem Taschenrechner

Mathematische Inhalte:

Statistik und Qualitätssicherung; Ermittlung eines Vertrauensbereiches (Konfidenzintervalles) für einen Parameter einer Verteilung. Anwendung:
Einsatz programmierbarer Taschenrechner in der Statistik
Kurzzusammenfassung: Es werden zwei grundsätzlich verschiedene Verfahren verwendet. Zum einen kann ein Vertrauensbereich für p bei Binomialverteilung mit Hilfe der F-Verteilung bzw. für m bei Poissonverteilung mit Hilfe der c2-Verteilung gefunden werden. Dieser Weg wird mit einem Rechner der Marke HP 48 eingeschlagen. Zum anderen wird eine Ermittlung mit Hilfe des Newtonschen Näherungsverfahrens zusammen mit einem diesbezüglichen BASIC-Programm vorgestellt. Lehrplanbezug:
4. Jahrgang
Mediales Umfeld: programmierbare Taschenrechner; HP48G/GX; BASIC-programmierbare Taschenrechner (hier von SHARP) Anmerkungen: Die hier verwendete BASIC-Version ist genau auf den Taschenrechner Sharp PC 1403 ausgerichtet. Modernere Versionen kommen ohne LET aus und besitzen eine IF..THEN..ELSE- Anweisung. Abweichungen können etwa auch bei der PRINT USING-Anweisung auftreten. Vorteile ergeben sich bei Verwendung eines Taschenrechners mit einer mehrzeiligen Anzeige. Zu beachten ist, daß bei einer Verwendung mehrerer Programme die Sprungziele (die Nummern etwa nach einem GOTO) möglicherweise zu ändern sind! Vertrauensbereich für einen Parameter

Die Ermittlung eines Vertrauensbereiches (Konfidenzintervalles) für einen Parameter einer Verteilung ist eine grundlegende Aufgabenstellung der schließenden Statistik. Im Bereich der Qualitätssicherung ergibt sich u.a. die Frage nach einem Vertrauensbereich für den Parameter p einer Binomialverteilung sowie für den Parameter m einer Poissonverteilung. Hierbei können Nomogramme (Larson- bzw. Thorndike-Nomogramm) eingesetzt werden. Alternativ dazu kann jedoch oft auch die Verwendung eines leistungsstärkeren Taschenrechners zum Ziel führen, der auch Schülern schon recht häufig zur Verfügung steht. Dieser Tatsache soll hier Rechnung getragen werden, wobei auf BASIC-programmierbare Rechner sowie auf den HP 48 bezug genommen wird. Dafür werden nachfolgend Programme für die angesprochenen Vertrauensbereiche vorgeschlagen.

Es werden zwei grundsätzlich verschiedene Verfahren verwendet. Zum einen kann ein Vertrauensbereich für p bei Binomialverteilung mit Hilfe der F-Verteilung bzw. für m bei Poissonverteilung mit Hilfe der c2-Verteilung gefunden werden. Dieser Weg wird beim Rechner der Marke HP 48 eingeschlagen. Zum anderen wird eine Ermittlung mit Hilfe des Newtonschen Näherungsverfahrens zusammen mit einem diesbezüglichen BASIC-Programm vorgestellt.
 
Vertrauensbereich für p bei Binomialverteilung
 
Verwendung der F-Verteilung:

Es läßt sich zeigen, daß für die Randwerte pun bzw. pob eines Vertrauensbereiches für p folgende Beziehungen gelten:

Zweiseitiger Vertrauensbereich zum Niveau 1-a:

Einseitig nach oben abgegrenzter Vertrauensbereich zum Niveau 1-a: Einseitig nach unten abgegrenzter Vertrauensbereich zum Niveau 1-a: Der folgende Programmvorschlag benützt als Kernstück ein kurzes Unterprogramm zur Berechnung eines Quantils (Prozentpunktes)  der F-Verteilung, das die eingebaute Funktion UTPF (= 1-G, G bezeichnet die Verteilungsfunktion der F-Verteilung) benützt. x=0 verlangt eine Extrabehandlung, da in diesem Fall f2 = 0 wäre. Wegen langer Rechenzeiten bei großem f2 verwendet man besser Schließlich darf n nicht zu groß sein, da ansonsten eine Bestimmung des F-Quantils q über das Unterprogramm durch den Taschenrechner nicht mehr möglich ist. Je nach Wahl einer Variablen z kann der zweiseitige, einseitig nach oben bzw. nach unten abgegrenzte VB ausgesucht werden. Danach wird die Anzahl x fehlerhafter Einheiten (Merkmalsträger), der Stichprobenumfang n und das Vertrauensniveau 1-a eingegeben.

« CLEAR 4 FIX

"(1-a) - VB für p
z = 1: zweiseitig
z = 2/3: oben/unten "
{" :z: "} INPUT
OBJ® "" {
"   :x:
   :n:
 :1-a: " {1 0} V } INPUT
OBJ® 4 ROLLD ® z x n
«
   z IF 1 ==
  THEN NEG 1 + 2 / NEG 1 + END 'G' STO
  z IF 3 ¹
  THEN x 1 + 2 * 'f1' STO n x - 2 * 'f2' STO
  RCEQ 'q' 1 ROOT x 1 + * DUP x - n + / 'pob' ®TAG END
  z IF 2 ¹
  THEN x IF 0 == THEN 0
ELSE 1 'G' RCL - 'G' STO
n x - 1 + 2 * 'f2' STO
x 2 * 'f1' STO RCEQ 'q' 1 ROOT
INV n x - 1 + * x + INV x * END
  'pun' ®TAG END {q f1 f2 G} PURGE
»
»

Danach: <ENTER> 'VBBIN' (=Name des Programmes) STO.

Unterprogramm zur Berechnung des Quantils  (im gleichen Verzeichnis):

« G 1 - NEG f1 f2 q UTPF - »
Danach: <ENTER> <SOLVE> <STEQ>, wodurch die Abspeicherung unter dem Namen EQ erfolgt.
Programmaufruf: <VBBIN>, für z den Wert 1, 2 oder 3 eingeben (je nach Abgrenzung des Vertrauensbereiches), <ENTER>, sodann x, n, 1-a eingeben (dabei die Cursortasten benützen), <ENTER>.
 

BASIC-Programm unter Verwendung des Newtonschen Näherungsverfahrens:

Steht die F-Verteilung als eingebaute Funktion nicht zur Verfügung, so kann das Problem mit dem Newtonschen Näherungsverfahren gelöst werden. Die zu lösenden Gleichungen lauten:

Zweiseitiger Vertrauensbereich zum Niveau 1-a:

Einseitig nach oben abgegr. Vertrauensbereich zum Niveau 1-a

Einseitig nach unten abgegr. Vertrauensbereich zum Niveau 1-a

Als Ausgangspunkt kann man die Gleichung  wählen, bei der c (und für pun die Variable x) entsprechend anzupassen sind. Hierbei ist p die Gleichungsvariable, nach der aufzulösen ist. Im folgenden ist die Ableitung nach dieser Variablen gemeint.

 

 

Aus  leitet man her:


 

Zuerst wird über Z die Art der Abgrenzung des Vertrauensbereiches gewählt. Entsprechend wird die erwähnte Variable C festgesetzt. Das Unterprogramm mit den Zeilennummern 3000 bis 3070 enthält das Newtonsche Näherungsverfahren; als Startwert dient der Schätzwert x/n für p. Die Zeile mit der Nummer 3060 legt die Genauigkeit fest. Die Schleife von 3020 bis 3030 baut (bis auf das Vorzeichen) die Ableitung D = G' auf. Das Unterprogramm ab 4000 berechnet die Verteilungsfunktion G.
 
10 REM (1-ALPHA)-VB FUER P BEI BINOMIALVERTEILUNG
11 USING "###.#"
20 INPUT "ZWEIS.=1, OB.=2, UNT.=3 ?"; Z
30 INPUT "N= "; N
40 INPUT "X= "; X
50 INPUT "1-ALPHA (IN %) = "; K: K=K/100
60 IF Z=3 THEN 110
70 IF Z=1 THEN LET C=(1-K)/2: GOTO 80
75 C=1-K
80 IF X=0 THEN LET POB=1-C^(1/N)
90 IF X>0 THEN GOSUB 3000: POB=PNEU
100 PRINT "POB (in %) = "; 100*POB: IF Z=2 THEN END
110 IF Z=1 THEN LET C=(1+K)/2: GOTO 120
115 C=K
120 IF X=0 THEN LET PUN=0
130 IF X=1 THEN LET PUN=1-C^(1/N)
140 IF X>1 THEN LET X=X-1: GOSUB 3000: PUN=PNEU
150 PRINT "PUN (IN %)= "; 100*PUN: END
3000 PNEU=X/N
3005 PALT=PNEU
3010 D=(N-X)*(1-PALT)^(N-1)
3020 FOR I=0 TO X-1
3030 D=D*(N-I)/(I+1)*PALT/(1-PALT): NEXT I
3040 GOSUB 4000
3050 PNEU=PALT+(G-C)/D
3060 IF ABS(PNEU-PALT)>0.001 GOTO 3005
3070 RETURN
4000 S=(1-PALT)^N: G=S
4010 FOR I=1 TO X
4020 S=(N-I+1)/I*PALT/(1-PALT)*S
4030 G=G+S: NEXT I
4040 RETURN
 
Vertrauensbereich für m bei Poissonverteilung
 

Verwendung der c2-Verteilung:

Es läßt sich zeigen, daß für die Randwerte mun bzw. mob eines Vertrauensbereiches für m folgende Beziehungen gelten:
Zweiseitiger Vertrauensbereich zum Niveau 1-a:


 

Einseitig nach oben abgegrenzter Vertrauensbereich zum Niveau 1-a: Einseitig nach unten abgegrenzter Vertrauensbereich zum Niveau 1-a:
 
Der folgende Programmvorschlag benützt als Kernstück wieder ein kleines Unterprogramm zur Berechnung eines Quantils  der c2-Verteilung, das die eingebaute Funktion UTPC (= 1-G, G bezeichnet nun die Verteilungsfunktion der c2-Verteilung) benützt. x=0 verlangt eine Extrabehandlung, da in diesem Fall f = 0 wäre. Je nach Wahl einer Variablen z wird wieder der zweiseitige, einseitig nach oben bzw. nach unten abgegrenzte VB ausgesucht. Danach wird die beobachtete Fehleranzahl x (Anzahl der Vorkommnisse in einem Zählabschnitt) und das Vertrauensniveau 1-a eingegeben. Das folgende Programm entspricht in seinem Aufbau dem entsprechenden Programm bei der Binomialverteilung.

« CLEAR 2 FIX

"(1-a) - VB für p
z = 1: zweiseitig
z = 2/3: oben/unten "
{" :z: "} INPUT
OBJ® "" {
" :x:
  :1-a: " {1 0} V } INPUT
OBJ® 3 ROLLD ® z x

«

z IF 1 ==
THEN NEG 1 + 2 / NEG 1 + END 'G' STO
z IF 3 ¹
THEN x 1 + 2 * 'f' STO
RCEQ 'q' x ROOT 2 / 'mob' ®TAG END
z IF 2 ¹
THEN x IF 0 == THEN 0
ELSE 1 'G' RCL - 'G' STO
x 2 * 'f' STO RCEQ 'q' x ROOT 2 / END
'mun' ®TAG END {q f G} PURGE
»
»

Danach: <ENTER> 'VBPPOI' (=Name des Programmes) STO.

Unterprogramm zur Berechnung des Quantils  (im gleichen Verzeichnis):

« G 1 - NEG f q UTPC - »

Danach: <ENTER> <SOLVE> <STEQ>, wodurch die Abspeicherung unter dem Namen EQ erfolgt.

Programmaufruf: <VBPOI>, für z den Wert 1, 2 oder 3 eingeben (je nach Abgrenzung des Vertrauensbereiches), <ENTER>, sodann x und 1-a (nicht in %) unter Verwendung der Cursortasten eingeben, <ENTER>.

BASIC-Programm unter Verwendung des Newtonschen Näherungsverfahrens:

Die zu lösenden Gleichungen lauten nun:
Zweiseitiger Vertrauensbereich zum Niveau 1-a:

Einseitig nach oben abgegr. Vertrauensbereich zum Niveau 1-a

Einseitig nach unten abgegr. Vertrauensbereich zum Niveau 1-a

Als Ausgangspunkt kann man die Gleichung  wählen, bei der c (und für mun die Variable x) entsprechend anzupassen sind. m ist die Gleichungsvariable, nach der aufzulösen ist. Im folgenden ist die Ableitung nach dieser Variablen gemeint.

Aus  leitet man her: 

Zuerst wird wieder über Z die Art der Abgrenzung des Vertrauensbereiches gewählt. Entsprechend wird die erwähnte Variable C festgesetzt. Das Unterprogramm mit den Zeilennummern 1000 bis 1050 enthält das Newtonsche Näherungsverfahren; Startwert ist der Schätzwert x für m. Die Zeile mit der Nummer 1060 legt die Genauigkeit fest. Das Unterprogramm ab 2000 berechnet die Verteilungsfunktion G.
 
10 REM (1-ALPHA)-VB FUER MY DER POISSONVERTEILUNG
11 USING "####.##"
15 INPUT "ZWEIS.=1, OB.=2, UNT.=3 ?"; Z
20 INPUT "X = "; X
30 INPUT "1-ALPHA (IN %) = "; K: K=K/100
35 IF Z=3 THEN 75
40 IF Z=1 THEN LET C=(1-K)/2: GOTO 50
45 C=1-K
50 IF X=0 THEN LET MOB=-LN(C)
60 IF X>0 THEN GOSUB 1000: MOB = MNEU
70 PRINT "MYOB = "; MOB: IF Z=2 THEN END
75 IF Z=1 THEN LET C=(1+K)/2: GOTO 90
80 C=K
90 IF X=0 THEN LET MUN=0
100 IF X=1 THEN LET MUN=-LN(C)
110 IF X>1 THEN LET X=X-1: GOSUB 1000: MUN=MNEU
120 PRINT "MYUN = "; MUN: END
1000 MNEU=X
1010 MALT=MNEU
1020 GOSUB 2000
1030 MNEU= MALT+(G-C)/S
1040 IF ABS(MNEU-MALT)>0.001 GOTO 1010
1050 RETURN
2000 S=EXP(-MALT): G=S
2010 FOR I=1 TO X
2020 S=MALT/I*S: G=G+S: NEXT I
2030 RETURN
Literaturverzeichnis:

Graf,U./Henning,H.-J./Stange,K./Wilrich,P.-Th.: Formeln und Tabellen der angewandten mathematischen Satistik, 3.Auflage; Springer Verlag, Berlin 1987

Timischl,W.: Qualitätssicherung: Statistische Verfahren, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1995