Elementare Konstruktionen mit CABRI |
Vorwort:
Ich unterrichte neben MAM auch Darstellende Geometrie. In diesem Gegenstand muß ich immer wieder feststellen, daß viele Schüler an einfachsten geometrischen Konstruktionen scheitern (z. B.: konstruiere ein 6 - Eck aus Mittelpunkt und Trägergeraden einer Seite). Ähnliche Erfahrungen habe ich auch von Kollegen, welche Konstruktionsübungen unterrichten, gehört. Ich wiederhole daher seit einigen Jahren im MAM Unterricht des ersten Jahrgangs die Grundkonstruktionen mit Zirkel und Lineal. Außerdem verlange ich bei fast allen Geometriebeispielen (z. B. bei den Dreiecksauflösungen) zusätzlich die konstruktive Lösung. Im Schuljahr 1994/95 war es mir möglich, mit einer ersten Klasse einen EDV - Saal zu benutzen. Ich habe diese Möglichkeit ergriffen und mit der Klasse mehrere Stunden mit dem Programm "CABRI" gearbeitet. Meine Erfahrungen aus den Stunden "Konstruieren mit dem Computer" möchte ich hier weitergeben.
Das Programm:
CABRI Géomètre ist ein interaktives Geometrieprogramm. Mit ihm können Konstruktionen der ebenen Geometrie am Bildschirm durchgeführt werden. Die Grundkonstruktionen (Streckensymmetrale, Normale, Parallele usw.) sind im Programm integriert. Eine mit CABRI durchgeführte Konstruktion (z. B. Euler´sche Gerade eines Dreiecks) kann als Makro gespeichert werden und steht dann als eigener Menupunkt zur Verfügung (White Box - Black Box Prinzip).
Eine Besonderheit von CABRI ist die Möglichkeit, die Ausgangsobjekte einer Konstruktion mit der Maus zu verschieben (Zugmodus). Sämtliche Elemente der Figur werden dann mitgezogen. Damit ist es möglich, "alle" zu einer bestimmten Konstruktion gehörenden Varianten zu erzeugen, insbesondere die Sonderfälle.
"CABRI" ist eine Abkürzung: Cahier de Brouillon Interactif pour l´apprentissage del la géomètrie (interaktives Zeichenblatt zur Schulung in Geometrie).
Für CABRI existiert eine Generallizenz. Das Programm kann beim
Zentrum für Schulentwicklung und Schulversuche; Abt. I
Universitätsstraße 70
9020 Klagenfurt
Tel.: 0463/22140-0
Fax: 0463/221 6611
kostenlos angefordert werden.
Weiters möchte ich darauf hinweisen, daß der neue Taschencomputer von Texas Instruments (TI 92) CABRI als Standardsoftware eingebaut hat.
Literaturhinweis:
H.-W. Henn / W. Jock
Arbeitsbuch CABRI Géomètre
Ferd. Dümmlers Verlag, Kaiserstraße 31-37, 5300 Bonn 1
ISBN 3-427-45741-9
Das Buch enthält eine Kurzeinführung in CABRI. Weiters sind ausgearbeitete Unterrichtskonzepte mit sehr ausführlichen Arbeitsblättern vorhanden. Im Vorwort wird ausdrücklich die Erlaubnis zum Kopieren der Arbeitsblätter erteilt.
Lehrplanbezug:
Geometrie im 1. und 2. Jahrgang; alle Abteilungen
Zeitaufwand:
2 - 3 Unterrichtsstunden
Mediales Umfeld:
Verwendete Medien: vernetzter EDV - Saal; Arbeitsblätter
Verwendete Software: CABRI
Praktische Durchführung:
In meiner 1. Klasse (höhere Abteilung für Feinwerktechnik) waren 18 Schüler. 14 davon besitzen zu Hause einen Computer und haben nach eigener Aussage DOS und Windows Grundkenntnisse.
Im benutzten EDV - Saal befinden sich 15 Schülerarbeitsplätze in einem Netz. Der Saal wurde von mir so weit vorbereitet, daß CABRI mit einem einzigen Befehl gestartet werden kann. Zum Abspeichern steht jedem Arbeitsplatz ein Diskettenlaufwerk sowie ein Teil der Serverplatte zur Verfügung.
Zwei Wochen vor Beginn der Computerstunden verteilte ich Referatsthemen (DOS Befehle zum Verzeichnisbaum, zum Formatieren von Disketten und zum Kopieren von Dateien) an 7 Schüler aus der "Expertengruppe" (die sich freiwillig gemeldet hatten). Zwischen der ersten und der zweiten CABRI Stunde wurden diese Referate gehalten. In der zweiten Stunde gab es dann praktisch kaum Probleme beim Abspeichern der Konstruktionen.
Die Schüler wurden von mir in Zweiergruppen eingeteilt, wobei ich darauf achtete, daß jeder "Anfänger" mit einem "Experten" zusammenkam.
Alle Gruppen erhielten eine Kopie des Arbeitsblattes. Ich schrieb den Startbefehl für CABRI an die Tafel und damit begann die Arbeit.
Jede Gruppe mußte ihre Arbeit genau mitprotokollieren (diese handschriftlichen Aufzeichnungen wurden von mir kontrolliert!). Weiters sollte der jeweils schwächere Schüler mit dem Computer arbeiten und der bessere verbal helfen und das Protokoll schreiben.
In der ersten Stunde schafften alle Gruppen den ersten Teil des Arbeitsblattes (bis Seite 6 unteres Drittel). Ein Speichern der Arbeit war zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig, da alle durchgeführten Konstruktionen bereits im Menu inkludiert sind.
In der zweiten CABRI Stunde zeigte sich ein großer Unterschied im Arbeitstempo der einzelnen Gruppen. Lediglich 2 Gruppen konnten alle Aufgaben erledigen. Speziell bei Aufgabe 4 (konstruiere ein Quadrat aus einer Diagonalen AC) blieben viele Schüler "hängen".
In einer dritten Stunde konnten schließlich alle Gruppen (zum Teil mit massiver Hilfe) die gestellten Aufgaben erledigen und die Ergebnisse abspeichern. Die besten Schüler speicherten ihre Konstruktionen bereits als Makros.
Zusammenfassung der Erfahrungen:
Beim Arbeiten mit einer Klasse in einem EDV Saal gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
1) Der Lehrer arbeitet auf einem PC mit OH - Display und die Schüler tippen auf ihren Geräten mit.
2) Die Schüler arbeiten selbstständig mit Hilfe von Arbeitsblättern, der Lehrer geht durch die Klasse und hilft bei Bedarf.
Ich habe die zweite Möglichkeit zum ersten Mal ausprobiert und war überrascht, wie gut das Arbeiten funktioniert hat. Die Schüler konnten ihr Arbeitstempo selbst bestimmen. Gute Schüler wurden durch Zusatzaufgaben mehr gefordert und motiviert. Sie konnten selbstständig experimentieren und eigene Ideen weiterverfolgen.
Bei der Variante 1) muß der Lehrer ständig warten, bis alle "Nachzügler" fertig sind. Da die Arbeitsanweisungen hier in mündlicher Form gegeben werden, wird der Arbeitsfluß in den einzelnen Gruppen immer wieder unterbrochen.
Bei Arbeitsblättern sollte man unbedingt streng darauf achten, daß jede Gruppe geanu mitprotokolliert und alle Fragen sorgfältig und vollständig beantwortet werden.
Für den Einstieg in das Arbeiten mit Arbeitsblättern war das Kopieren fertiger Vorlagen sehr bequem. Das Vorbereiten von eigenen Arbeitsblättern ist jedoch sicher mit einem sehr hohen Arbeitsaufwand verbunden. Wegen der ausgesprochen positiven Erfahrungen werde ich den Weg "Arbeitsblätter" auch in Zukunft weiter beschreiten.