Animation-Didaktik |
Schon in der großen Didaktik von Comenius (1592-1670) konnte man
folgendes nachlesen: "Warum sollte man nicht die Lehre mit einer Betrachtung
der wirklichen Dinge beginnen, statt mit ihrer Beschreibung durch Worte?
Denn erst, wenn die Sache gezeigt worden ist, sollte der Vortrag folgen,
um die Sache weiter zu erläutern."
Heute wird man diese Worte mit Multimedia in Zusammenhang bringen.
Zu Beginn werden einige Begriffe erklärt, die in diesem Zusammenhang
benötigt werden.
Multimedia
Unter Multimedia versteht man die Verbindung verschiedener Medien,
wie Texte, Bilder, Grafiken, Tonsequenzen,
Animationen
und Videosequenzen. Multimedia kann sowohl offline
(CD-ROM)
als auch online (Internet) genutzt werden.
Heute ist man noch nicht in der Lage, mittels Multimedia alle menschlichen
Sinne (z.B. Geruchssinn) anzusprechen.
Interaktivität
Im pädagogischen Bereich tritt mit Multimedia immer der Begriff
der Interaktivität auf. Darunter versteht man die Bereitschaft
zur Kommunikation zwischen Individuen innerhalb einer Gruppe. Besonders
in der Informatik und auch in der Mathematik meint man meist damit den
Dialog
zwischen Benutzer und Computersystem. Die Interaktion
wird aber dadurch eingeschränkt, dass in diesem Dialog noch nicht
alle Sinne eingesetzt werden können.
In der Mathematik kann der Dialog zwischen Benutzer und Computersystem
z.B. mittels Dateneingabe und Datenausgabe erfolgen. Weiters sollen die
Programme dem Benutzer die Möglichkeit geben, durch gezieltes Eingreifen,
den Ablauf des Programmes zu beeinflussen.
Das Lernen wird durch die Interaktivität und die Eigenaktivität
des Benutzers unterstützt
Animationen
Animation – das Wort stammt vom Lateinischen "animare", es bedeutet
"beleben", "beseelen". Mit Animationen kann der Mathematik Leben eingehaucht
werden. Mit Animationen kommt die Mathematik, die oft als tot, starr und
unanschaulich erscheint, in Bewegung. "Etwas läuft ab", "etwas bewegt
sich": Bei den Animationen haben die Bilder der Mathematik laufen gelernt.
"Animieren" – das Wort hat auch eine anrüchige Bedeutung: Wenn
sich etwas bewegt, bringt das jemand in Stimmung. Hier versteckt sich eine
lustvolle Komponente der Animationen. Die Abläufe und Bewegungen sollen
Lust hervorrufen, Spannung erzeugen, Spaß bereiten und Freude machen.
Der Hauch der Animationen bringt frischen Wind in die Mathematik, die
luftigen Gebilde erfreuen die Sinne, lassen die Mathematik sinnlich erfahren.
Im Spiel der Animationen kann der Schüler sich treiben lassen:
Im Probieren und Experimentieren steht er vor der Frage "Was ist wenn?",
er beschreitet unbekannte Wege "Wo führt das hin?", stellt Vermutungen
auf "Was kann das sein?", geht ein Wagnis ein und testet die Grenzen "Wie
weit kann ich gehen?"
Mit den Animationen ist der Schüler weg von der Abstraktion, keine
Variablen und Formeln plagen ihn, nur Bilder erfreuen sein Auge;
Mit den Animationen ist der Schüler weg vom logisch stringenten
Aufbau der Mathematik, kein Schritt-für-Schritt-Beweis erzeugt die
Einsicht, sondern ein Aha-Erlebnis;
Mit den Animationen ist der Schüler weg vom lehrerzentrierten
Unterricht. Der Lehrer hat die Verantwortung an den Schüler abgegeben,
der selbsttätig und interaktiv sich auf eine Entdeckungsreise begibt.
Für die Bewertung von Animationen könnte man ähnlich wie bei pädagogischer Software drei Standards festlegen
Für den Mathematikunterricht sind vor allem Grafiken und die Veränderung von Zahlen von Bedeutung. Dabei werden neben der Software die für den Mathematikunterricht geeignet sind (Computeralgebrasysteme, Tabellenkalkulationen o.ä.), auch programmierte Tools verwendet.
In diesem Beitrag werden vor allem auf jene Animationen eingegangen, die in der Aussendung verwendet werden.
Visuelle Medien:
Die Erstellung einer solchen Animation lässt sich auch für einen Neueinsteiger mit einigen Softwarekenntnissen relativ rasch durchführen. Mit MathCad lässt sich z.B. alles animieren, das sich in Abhängigkeit zu einer vordefinierten Konstanten (FRAME) setzen lässt.
Die Interaktivität ist bei dieser Form der Animation praktisch
nicht gegeben. Weiters wirken sich die kurze Vorspieldauer und der hohe
Speicherbedarf nicht optimal aus. Im Gegensatz dazu steht, dass die Animationen
dieser Art einen hohen Darstellungseffekt besitzen. Sie sind daher für
einen gezielten Einsatz im Unterricht sehr gut geeignet.
Die Erstellung der Animation kann auch im Mathematikunterricht erfolgen.
Aus didaktischer Sicht wäre dabei zu erwähnen, dass für
die Erstellung der Animation der mathematische Zusammenhang exakt behandelt
werden muss.
Für die Demonstration muss dann das erstellte Programm in einen
AVI- File umgewandelt werden. AVI ist das Microsoft Standardformat für
Video-Dateien. Es ist die Abkürzung für Audio Video
Interleaved-Format.
Sind die Animationen einmal als AVI-File abgespeichert, so können
keine Änderungen mehr durchgeführt werden.
Für die Vorführung eines AVI-Files verwendet man meistens
einen RealPlayer. Dadurch ist man vom Softwarepaket unabhängig, d.h.
man kann Animationen, die bereits im AVI-Format vorliegen vorführen.
Besitzt man noch keinen RealPlayer, so kann man im Internet von der
Homepage von Real-Networks Inc (www.real.com)
die neueste Version downloaden.
Animationen mit Hilfe von Taschenrechnern
Die Erstellung einer Animation mit einem Taschenrechner ist eine zeitaufwendige
und monotone Angelegenheit, aber schnell erlernbar. Der zu animierende
Funktionsgraf muss jedes Mal im y-Editor mit der entsprechenden Parameteränderung
eingeben und anschließend gezeichnet werden. Danach muss jeder einzelne
Grafikbildschirm abgespeichert werden. Mit einem vordefinierten Befehl
(beim TI 92:CyclePic) kann dann die Animation als Folge der abgespeicherten
Displays ablaufen.
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Soll die Animation einigermaßen ansprechend sein, so ist eine
Vielzahl von abgespeicherten Grafiken notwendig, was zu Speicherplatzproblemen
führen kann.
Der unmittelbare Vorteil liegt sicherlich in der Verfügbarkeit
der Taschenrechner. Dadurch ergeben sich eigenständige Experimentiermöglichkeiten,
weiters ist die Bedienung einer solchen Animation einfach.
Der Benutzer hat dafür aber keine Möglichkeit in den Programmablauf
einzugreifen. Ein weiteres Problem liegt darin, dass auf den Achsen keine
Skalierung vorhanden sind. Diesen Nachteil kann der Benutzer einigermaßen
aufheben, wenn er den Windowsbereich genau kennt und damit die Skalierung
auf den Achsen.
Die Darstellung der Grafik ist natürlich wesentlich schlechter
als bei einer Animation mit einem Computeralgebrasystem.
Animationen mit Hilfe von Tabellenkalkulationen
Mit relativ geringem Aufwand kann man Animationen mit Hilfe einer Tabellenkalkulation erstellen. Dabei sind fast nur Befehle und Funktionen notwendig, die in einer Tabellenkalkulation ohnehin verwendet werden. Das sind jene Befehle, die für das Erstellen einer Wertetabelle (und damit das Einfügen einer Funktion), eines Diagramms notwendig sind. Als zusätzliche Funktion tritt schließlich das Einfügen eines Schiebereglers auf.
Gegenüber den bisher besprochenen Animationen, fällt hier
unter anderem die vorhandene Interaktivität auf. Durch die Verwendung
der Schieberegler, was einer interaktiven Veränderung der Parameter
gleichkommt, kann der Benutzer die sofortige Auswirkung der Parameteränderung
erkennen. Die grafische Darstellung der Animation lässt nichts zu
wünschen übrig. Die Größe der Grafik, die Skalierung,
die Bezeichnung können den eigenen Vorstellungen angepasst werden.
Entsprechende Grafiken können auch ohne Probleme ausgedruckt werden.
Die Erstellung solcher Animationen lassen sich, ausgehend von der Funktionsgleichung,
ohne Probleme auch im Mathematikunterricht durchführen. Optimal wäre
natürlich, wenn jeder Schüler dabei Zugang zu einem Computer
hätte.
Programmierte Animationen
Der nächste Schritt führt zu den programmierten Animationen. Hier unterscheidet man zwischen jenen Animationen, die mit Hilfe einer
EXCEL und VBA
EXCEL wird zusammen mit VBA (Visual Basic für Anwendungen) ausgeliefert.
Dabei handelt es sich um einer Programmiersprache, die das Arbeiten mit
Tabellen, Daten und Diagrammen vereinfacht und beschleunigt. Es bietet
sich hiermit eine hervorragende Möglichkeit an, Animationen zu erstellen.
Die Interaktivität ist hier voll gegeben. Die Auswirkungen der Parameteränderungen können sofort in einer hervorragenden Grafik betrachtet werden.
Java – Applets
Java-Applets sind eigenständige Java-Programme. Sie können
unter jeder Plattform eingesetzt werden und sind sofort verwendbar. Die
Funktionsweise wird im Allgemeinen rasch verstanden. Man findet heute viele
Applets im WWW zu den unterschiedlichsten Themen in der Mathematik und
Physik (nicht uninteressant für die angewandte Mathematik). Dabei
werden nicht nur grafische Darstellungen behandelt, sondern auch andere
Themen in der Mathematik abgedeckt ( z.B. Taschenrechner, Räuber-Beute
Modelle, Hypothesentests usw.)
Man kann sie von den entsprechenden Internetseiten auch downloaden
und mit einem Java fähigen Browser auch offline verwenden.
Die Interaktivität ist bei den meisten Applets voll gegeben. Applets
eignen sich nicht nur zur Vorführung, sondern auch für das eigenständige
Arbeiten und Experimentieren. Man könnte sie daher auch als elektronische
Arbeitsblätter bezeichnen, in denen die Interaktivität eine ganz
entscheidende Rolle spielt.
Aufbauend auf den mathematischen Zusammenhang erfüllen sie auch
aus didaktischer Sicht den Erwartungen.
Abschließend sei zu bemerken, dass Animationen in naher Zukunft
den Mathematikunterricht begleiten werden und eine wesentliche Bereicherung
sein werden. Beim Einsatz wird man sich wahrscheinlich die gleiche Frage
stellen, wie vor einigen Jahren, nämlich über den Einsatz der
Modernen Hilfsmittel im Mathematikunterricht. Wichtig wird sein, unabhängig
davon, ob man Animationen selbst erstellen wird oder fertige Animationen
verwendet, dass der mathematische Hintergrund immer beleuchtet wird.