Hartmut Sedelmaier, Holztechnikum Kuchl
 
Querschnittsveränderung beim Trocknen von Schnittholz

Mathematische Inhalte:

Umformung von karthesischen Koordinaten in Polarkoordinaten und umgekehrt, Parameterdarstellung, Vektorrechnung, Anstieg, Drehung im R2. Anwendung: Anwendung der linearen Algebra auf natürliche Vorgänge bei der Schnittholztrocknung Kurzzusammenfassung: Mit Hilfe einer Tabellenkalkulation (EXCEL) wird die Verformung des Querschnittes von Schnittholz in Abhängigkeit von Holzart und Trocknungsgrad graphisch und in Maßzahlen dargestellt. Lehrplanbezug: In Zusammenhang mit dem EDV-Unterricht II./III. Jahrgang. Zeitaufwand: Je nach Ausbau 4 bis 8 Stunden. Mediales Umfeld: EXCEL Einleitung

Durch Trocknen von Holz schwindet dieses vor allem in radialer und tangentialer Richtung. Dieses Schwindmaß ist je nach Holzart verschieden und verläuft im Allgemeinen zwischen einer Holzfeuchte von 0% und 30% (Fasersättigungspunkt) linear. (Hinweis: In der Holzindustrie ist es üblich die Zellanteile des Holzes mit 100% anzusetzen. Die Gesamtmasse ist demnach bei z.B. 15% Feuchte 115% !)
Es gilt nun ausgehend von dem in feuchten Zustand rechteckigem Querschnitt eines beliebigen Pfosten oder Brettes die - von der Lage des Kernes, der Maßzahl der Trocknung und der Holzart abhängigen - Formveränderung graphisch, als auch größenmäßig darzustellen. Voraussetzung ist, daß sich der Kern außerhalb des beobachteten Querschnitts befindet, da sonst eine mathematische Berechnung der Verformung (Rissbildung) nicht möglich ist.
Dazu sind folgende Angaben zu verarbeiten:

Grundlage für das holzartenspezifische Schwindmaß ist folgende Tabelle (aus "Heimisches Holz"; PROHOLZ-Holzinformation Österreich (Hrsg.), 3. Aufl. 1997, S.56 ff). Das Schwindmaß ist die prozentuale Längenverminderung zwischen nassem (Holzfeuchte ³ 30%) und absolut trockenem Holz (Feuchte 0%).
 
Holzart
Radiales Schwindmaß in %
Tangentiales Schwindmaß in %
Ahorn
3
8
Birke
5,3
7,8
Birne
4,6
9,1
Buche
5,8
11,8
Buchsbaum
11
15
Douglasie
5
7,8
Edelkastanie
4,3
6,4
Eiche
4
7,8
Erle
4,4
7,3
Esche
5
8
Fichte
3,6
7,8
Hainbuche
6,8
11,5
Kiefer
4
7,7
Lärche
3,3
7,8
Linde
5,5
9,1
Pappel
5,2
8,3
Platane
4,5
8,7
Robinie
4,4
6,9
Strobe
2,3
6
Tanne
3,8
7,6
Ulme
4,6
8,3
Walnuß
5,4
7,5
Weide
3,9
6,8

Angegeben sind die Prozentwerte des Schwindens in radialer (Rinde – Kern) bzw. tangentialer (entlang der Jahresringe) Richtung zwischen Fasersättigungspunkt (30% Holzfeuchte) und "Darre" (0% Holzfeuchte).

Darstellung der Verformung

Da in der Regel Rundholz immer "grün" eingeschnitten wird (Holzfeuchte über 30%), ist nun z.B. das radiale Schwindmaß für die Holzart Birke bei Trocknung auf 12% Holzfeuchte:

Analog für das tangentiale Schwindmaß. Die Werte selbst können nach Eingabe der Holzart über die EXCEL-Tabellenfunktion SVERWEIS abgerufen werden.

Auf den Seitenkanten des Querschnitts werden je 10 Punkte in gleichmäßigen Abständen bestimmt, wobei der erste (= letzte) Punkt vorerst der Koordinatenursprung ist. Durch die Angabe von "Breite" und "Stärke" können die X- und Y-Koordinaten der Punkte jeweils aus dem vorhergehenden Punkt berechnet werden. In weiterer Folge wird die Lage des Holzkernes (Xo/Yo) - entsprechend dem Koordinatenursprung – bestimmt:

Aus diesen Überlegungen ergibt sich folgende Tabelle für Punkte am Umriss des Querschnittes:
 

B
C
2 =-Xo =-Yo
3 =B2+Breite/10 =C2
4 =B3+Breite/10 =C3
5 =B4+Breite/10 =C4
6 =B5+Breite/10 =C5
7 =B6+Breite/10 =C6
8 =B7+Breite/10 =C7
9 =B8+Breite/10 =C8
10 =B9+Breite/10 =C9
11 =B10+Breite/10 =C10
12 =B11+Breite/10 =C11
13 =B12 =C12+Stärke/10
14 =B13 =C13+Stärke/10
15 =B14 =C14+Stärke/10
Und so weiter 

 

Um nun die Lageveränderung eines Randpunktes beim Schwinden zu berechnen, müssen die karth. Koordinaten in Polarform umgewandelt werden.

r wird nun entsprechend dem radialen, j entsprechend dem tangentialen Schwindmaß verkleinert. Die nun so erhaltenen Werte sind die Koordinaten des entsprechenden Punktes nach der Verformung durch die Trocknung.

(x)=WURZEL(B2^2+C2^2)*(1-rad%)*COS(WENN(B2=0;PI()/2;ARCTAN(C2/B2))*(1-tan%))

(y)=WURZEL(B2^2+C2^2)*(1-rad%)*SIN(WENN(B2=0;PI()/2;ARCTAN(C2/B2))*(1-tan%))

"rad" und "tan" werden nach der weiter oben angeführten Formel bestimmt. Der Fehler bei Division durch O (Kern liegt am Rand) wird durch die WENN-Bedingung abgefangen.

Die Darstellung in einem Diagramm wird dadurch erreicht, daß sämtliche benötigten X-Werte in dieselbe Spalte gesetzt werden. Die Y-Werte stehen in unterschiedlichen Spalten. (Achtung: Für eine korrekte Darstellung darf zwischen den Kolonnen kein Text stehen.)
 
 

Berechnung der Querschnittsfläche

Da die Berechnung jeweils punktweise erfolgte, es sich also um ein Polygon handelt, kann der Inhalt der verformten Querschnittsfläche nun mit Hilfe der Vektorrechnung bestimmt werden:

Ist das äußeren Produkt zweier Vektoren ein (zu beiden Vektoren) orthogonaler Vektor, dessen Länge gleich dem Inhalt des durch diese Vektoren aufgespannten Parallelogrammes ist, vereinfacht sich diese Rechnung, wenn das Parallelogramm in der X-Y Ebene liegt. In diesem Falle ist die Länge gleich der Z-Koordinate.
 

also:  dh.: Betrag des Ergebnisvektors = Länge der Z-Koordinate
 

damit gilt für den Flächeninhalt eines Polygones mit n+1 Ecken:
 

wobei Xo der erste (fixe)Eckpunkt des (n + 1)-Eckes ist.

Also gilt:

Dies läßt sich nun unschwer als Formel mit anschließender Summenbildung in die Tabelle einfügen:

z.B.:

=((B45-$B$44)*(D46-$D$44)-((B46-$B$44)*(D45-$D$44)))/2 wobei in der B-Spalte die X-Werte und in der D-Spalte die Y-Werte stehen.

Durch Kopieren mit der Ausfüllfunktion werden so alle Teildreiecke erfasst. Der Vorteil von dieser Methode der Flächenberechnung liegt auch dabei, daß auch konkave Vielecke richtig berechnet werden.

Andeutung der Jahresringrichtung

Für die Anschaulichkeit von Vorteil ist sicher das Einzeichnen eines mittleren Jahresringes. Es sei noch einmal erwähnt, daß für die Darstellung verschiedener Figuren in einem Diagramm die X-Werte aller Figuren in ein und derselben Spalte stehen müssen.

Sinnvoll ist die Darstellung eines Kreises in Parameterform.

Für einen Halbkreises benötigt man daher in einer beliebigen Spalte den Parameter p von -p /2 bis +p /2 mit einem mittleren Feinheitsgrad (z.B. 0,15 für D p)

In der X-Spalte steht nun =Radius*cos(p), in einer noch freien Spalte daneben die Y-Werte: =Radius*sin(p)

Für den Radius sollte ein mittlerer Wert verwendet werden, der abhängig von Lage des Kerns und Dimension des Schnittholzes ist. Z.B.:

Radius=MAX(MAX(X-Werte)-Breite/2;MAX(Y-Werte)-Stärke/2)
 
 






Aushobeln des getrockneten Holzes

Will man nun aus dem getrockneten Holz ein gehobeltes Brett oder Pfosten erhalten, so liegt es nahe anzunehmen, daß dies das größtmögliche, eingeschriebene Rechteck ist. Es ist jedoch die praktische Arbeitsdurchführung zu berücksichtigen:
Beim Aushobeln wird zuerst auf der Abrichte das Werkstück an der "hohlen" Seite (=Auflager) aufgelegt und plangehobelt.
Anschließend wird eine Kante im rechten Winkel gehobelt, danach werden mit der Dickenhobelmaschine die restlichen Seiten bearbeitet.
Rechnerisch sieht das Nachvollziehen dieses Vorganges wie folgt aus:

  1. Zuerst wird der Querschnitt soweit um den Ursprung gedreht, daß die Verbindung der äußersten Punkte der hohlen Seite orthogonal zur X-Achse liegen.
  2. Anschließend wird ein achsenparalleles Rechteck in diese Figur eingeschrieben.
  3. Schließlich werden die Eckpunkte dieses Rechteckes wieder um denselben Winkel zurückgedreht.


zu 1.

Bestimmung des Drehwinkels:

Da der Kern – ohne Beschränkung der Allgemeinheit – immer links des Objektes angenommen wird, ergibt sich bei Trocknung immer eine Rechtskrümmung (siehe Graphik). Die Eckpunkte sind daher: rechts unten (B54/D54) und rechts oben (B64/D64).

Winkel des Auflagers zur X-Achse:

Winkel = WENN(B64-B54=0;PI()/2;ARCTAN((D64-D54)/(B64-B54)))

B54 und B54 sind daher die X-Koordinaten, D54 und D64 die Y-Koordinaten der Eckpunkte an der hohlen Seite. Die Division durch Null wird wieder mit der WENN-Bedingung abgefangen.

Drehwinkel:

Je nachdem der Winkel über oder unter 90° bzw. p /2 beträgt wird positiv oder negativ gedreht:

=WENN(I75<0;-(PI()/2+Winkel);PI()/2-Winkel)

Drehung aller Punkte des verformten Querschnitts:

Die Drehung eines Punktes (x/y) wird durch die Abbildungsgleichung

bestimmt: In der Tabelle daher: =ABS(B44*COS(Drehwinkel)-D44*(SIN(Drehwinkel)))
und =B44*SIN(Drehwinkel)+D44*(COS(Drehwinkel))

B44 und D44 sind wieder die Koordinaten eines Punktes. Durch Kopieren erhält man wiederum alle Randpunkte.

zu 2.

Für das eingeschriebene Rechteck benötigt man nunmehr die vier Eckpunkte, welche jedoch aufgrund der orthogonalen Lage mit vier Werten auskommen:

Nun ist aber x1 der größte Wert der X-Werte der rechten Seitenkante, x2 der kleinste X-Wert der rechten Seitenkante, y1 der größte Y-Wert der unteren Kante und y2 der kleinste Wert der oberen Kante. Also z.B.: x1= MAX(K77:K87) usw.

zu 3.

Das Zurückdrehen dieser vier Eckpunkte geschieht am einfachsten mit Hilfe des negativen Drehwinkels. Um nun diese Figur als vierte in der Graphik unterzubringen müssen die X-Werte wieder in der selben Spalte angeordnet werden, die Y-Werte in einer neuen, danebenliegenden, sonst freien Spalte.
 
 




Zu bemerken wäre noch, daß in der Praxis für eine gute Oberflächenqualität mit mehr Spanabnahme gerechnet werden muß (min. 1 mm pro Seite).

Oberflächengestaltung des Spreetsheets

Mehr für den EDV-Unterricht ist die Ausgestaltung der Oberfläche gedacht.
Mittels einer Combobox kann die Holzart ausgewählt werden, die entsprechenden Schwindmaße werden entsprechend unter Verwendung des SVERWEIS aus der Tabelle ausgelesen
Ein Problem stellt die unterschiedliche Dimensionierung, d.h. automatische Anpassung der Koordinatenachsen in einem x/y-Diagramm dar.
Damit die Proportionalität gewahrt bleibt, aber auch die Objekte vollständig und angepaßt groß im Diagramm erscheinen, ist ein Benutzereingriff erforderlich. Annähernd optimal läßt sich dies mit einer Schaltfläche "Graphik anpassen" erledigen.
 
 

Hier eine mögliche Lösung:

Private Sub cmdAnpassen_Click()

ActiveSheet.ChartObjects("Diagramm 1").Activate

ActiveChart.ChartArea.Select

ActiveChart.Axes(xlValue).Select

ActiveWorkbook.RefreshAll

ActiveChart.Axes(xlCategory).Select

With ActiveChart.Axes(xlCategory)

.MinimumScale = -1

wertx = Worksheets("daten").Range("maxweite").Value - 1

.MaximumScale = wertx

.MinorUnitIsAuto = True

.MajorUnit = 2

.Crosses = xlAutomatic

.ReversePlotOrder = False

.ScaleType = xlLinear

End With

ActiveChart.ChartArea.Select

ActiveChart.Axes(xlValue).Select

With ActiveChart.Axes(xlValue)

.MinimumScale = Worksheets("daten").Range("miny").Value

.MaximumScale = Worksheets("daten").Range("maxweite").Value + Worksheets("daten").Range("miny").Value .MinorUnitIsAuto = True

.MajorUnit = 2

.Crosses = xlAutomatic

.ReversePlotOrder = False

.ScaleType = xlLinear

End With

ActiveWorkbook.RefreshAll

End Sub

Diese Routine bedient sich Werten aus der Tabelle, die die größte Ausdehnung der Graphikteile im Diagramm berücksichtigen.

Schlußbemerkung

Dieses Thema wurde mit einem dritten HTL-Jahrgang in Projektform behandelt. Dabei stellte sich die schon früher beobachtete Tatsache heraus, daß sich die Schüler bei anscheinend simplen Prozentrechnungen wesentlich schwerer taten, als beispielsweise bei den Berechnungen mittels Polarkoordinaten. Die Motivation war sehr gut, der unmittelbare Bezug zur Praxis wurde von den Schülern äußerst positiv bemerkt. Ein Folgeprojekt, bei dem die berechneten Werte empirisch verifiziert werden sollen, ist in Planung.