Roland Pichler, HTL Kapfenberg

Fachwerke

Mathematische Inhalte:

Lineare Gleichungssysteme, Matrizen, Vektoren
Anwendung:
Berechnung ebener Fachwerke (Auflagerkräfte und Stabkräfte) mit Hilfe der Vektorrechnung und des Knotenpunktverfahrens.
Kurzzusammenfassung:
In einem statisch bestimmten Fachwerk werden die Stabkräfte aus einem Gleichungssystem berechnet, das man aus je zwei rechnerischischen Gleichgewichtsbedingungen für das zentrale Kräftesystem für jeden Knoten erhält, zusätzlich kann man die Auflagerkräfte aus Gleichgewichtsbedingungen  vektoriell bestimmt
Lehrplanbezug:
1. Jahrgang: lineare Gleichungssysteme, 2. Jahrgang: Vektoren, 4. Jahrgang: Matrizen
Mediales Umfeld:
Dieses Beispiel lässt sich mit jeder Mathematiksoftware berechnen. In diesem Artikel kommt Mathcad 7.0 bzw. der TI 92 zum Einsatz. Genauso ist aber auch Excel verwendbar.
Anmerkungen:
Dieser Artikel ist etwas anders konzipiert als die üblichen Beiträge. Er ist kürzer gehalten und soll den Leser einladen, selbst aktiv an der Lösung zu arbeiten. Es werden die einzelnen Lösungsschritte nicht mehr explizit angeführt, sondern nur angerissen Interessante Zwischenschritte werden beschrieben. Auch ist die Umsetzung nicht an eine bestimmte mathematische Software gebunden.
1. Inhalte des Beitrages

Die untenstehende Skizze zeigt einen Dachbinder der durch die Kräfte F1 = 1.5 kN und F2 = 3 kN belastet ist

Die Abmessungen sind in m angegeben. Zur Dimensionierung der Träger sind die Stabkräfte Fsi zu bestimmen, sowie die Auflagerkräfte FA und FB sind zu berechnen.

Ist das Fachwerk statisch bestimmt, so können die Stabkräfte aus dem Gleichungssystem berechnet werden, das man aus den je zwei rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen für das zentrale Kräftesystem für jeden Knotenpunkt erhält.

Man setzt dabei zweckmäßig alle Stabkräfte als Zugkräfte an (die Pfeile sind also von den Knotenpunkten weggerichtet), zerlegt sie in Komponenten bezüglich eines x, y - Koordinatensystems und schreibt die Gleichgewichtsbedingungen für alle Knoten an.



Für die Knotenpunkte I und II werden diese Gleichgewichtsbedingungen im Folgenden formuliert. Die restlichen Knotenpunkte mögen vom verehrten Leser selbst behandelt werden.

Die Gleichgewichtsbedingungen lauten: und 

Knotenpunkt I:

Man zerlegt die Kraft Fs1 in die Komponenten Fs1x und Fs1y (Beträge der Komponenten der Stabkräfte) und setzt für den Knoten I die Gleichgewichtsbedingungen für die x- und y - Richtungen an.

Es gilt:  und 

Knotenpunkt 2:

Es gilt:  und 

und 


 
 

Führt man diese Überlegungen für jeden Knotenpunkt aus, so erhält man das untenstehende Gleichungssystem, welches in Matrixform angeschrieben ist: . Dabei werden die Lagerkräfte  als unbekannt angenommen. Da die Stabkräfte alle als Zugkräfte angesetzt wurden, liefert die Rechnung gemäß der üblichen Vereinbarung für Druckkräfte negative Vorzeichen. Der Vorteil des Knotenpunktverfahrens liegt in der Möglichkeit eines sehr schematischen Vorgehens beim Aufstellen und Lösen des Gleichungssystems.


Das Knotenpunktverfahren liefert auch die unbekannten Auflagerkräfte.

Will man diese isoliert berechnen, ohne den Aufwand über die Knotenpunkte, so erlaubt die Vektorrechnung eine elegante Möglichkeit zur Bestimmung von FA und FB.

Dabei geht man wieder von den Gleichgewichtsbedingungen  aus, wobei man nun die Kräfte als 3D - Vektoren betrachtet und die Momente als Vektorprodukte der Kräfte und ihrer Abstände vom Pol (Bezugspunkt) angibt.

Wählt man als Pol z. B. das Auflager FB. Wählt man zusätzlich d := 0.5 m könnte die Skizze etwa so aussehen:

Bezüglich des Pols übt nun FA folgendes Moment aus: , wobei

rAdie Vektordarstellung des Abstandes von FA zum Pol ist. Als Anreiz wird nun kurz gezeigt wie man diese Aufgabe mit dem TI-92 löst:
 
 


 
 

Der letzte Screenshot liefert nun die Lösung für das Auflager FA = Fx = 4.5 kN. Weiteres Lösen der entstandenen Gleichungen liefern die Werte für FBx und FBy , nämlich jeweils 4.5 kN. Damit erhält FB = 6.4 kN.

Dieser Artikel soll für Sie eine Anregung darstellen sich mit diesem interessanten Kapitel der Mathematik und Mechanik auseinanderzusetzen, zumal moderne Rechenverfahren (Finite Elemente) in ihren Grundzügen denselben Kern haben.
 
 
 
 

Literaturangaben:

Technische Mechanik – Holzmann, Meyer, Schumpich Teubner Verlag 1974

Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschftler, Übungen – Papula Vieweg 1994