AV. OStR. Dipl.Ing. Johann Hördler HTBLVA-Textil Wien
Mathematiklehrplan - Statistik |
Mathematische Inhalte:
Statistische Kennzahlen, Regression, Querverbindungen zu Determinanten, Extremwertaufgaben, Integration.
Anwendung:
Unterricht II., IV. und V. Jahrgang
Kurzzusammenfassung:
Der Artikel faßt die Inhalte eines Referates zum Titelthema im Rahmen eines Seminares in Altmünster, Herbst 1997 zusammen. Es wurde dabei nur auf eien Teil der im Lehrplan vorgesehenen Statistik-Inhalte eingegangen. Die Ausführungen dazu werden wiedergegeben.
Lehrplanbezug:
"Neuer" Mathematiklehrplan
Zeitaufwand:
ca 40 Wochenstunden
Mediales Umfeld:
Eisatz von Software zur Reduzierung des operativen Anteiles des Unterrichtes zugunsten von Modellbildungen, Algorithmen und Interpretation von Ergebnissen. Im vorliegenden Fall unter Verwendung von EXCEL:
1. Inhalte des Beitrages
Einführung, Didaktik, Lehrinhalte, Querverbindungen, Rechner- / Softwareeinsatz, Beispiel
Einführung :
Es ist schade, daß die Statistik im Mathematikunterricht oft stiefmütterlich behandelt wird und wenn, dann einige theoretische Grundlagen und kaum praxisnahe Beispiele. Dies führt häufig zu der Praxis, daß Lehrer jener Gegenstände, die Statistik benötigen, z.B. im Qualitätsmanagement, die Grundlagen lieber selbst unterrichten und die Statistik im Mathematikunterricht beiläufig bleibt. Ein Argumentationskreislauf schließt sich und Konflikte bleiben nicht aus, dabei wäre eine Zusammenarbeit Mathematiker - Techniker dringend geboten.
Unerläßlich erscheint, daß die Statistik ausreichend mit praktischen Bezügen versehen wird, dies sowohl im Hinblick auf die Berufspraxis der Absolventen, als auch im Hinblick auf weiterführende Studien. Aus eigener Erfahrung des Autors: Die Statistik der Hochschule wäre eine Sammlung von Sätzen, Theoremen, Beweisen und Formeln geblieben, hätte nicht der Bezug zur Praxis in der HTL eine fundierte Grundlage für das Verständnis vermittelt gehabt.
Die Festlegung der Statistikinhalte im Lehrplan auf bestimmte Jahrgänge ergibt zugegebenermaßen Abstimmungsprobleme. Zwei Möglichkeiten, dies zu mildern seien genannt.
Schulautonom können, falls dies zweckmäßig erscheint, Lehrinhalte zwischen Jahrgängen verschoben werden, interessant für Kapitel, die beispielsweise im V. Jg. für die Anwendung zu spät kommen.
Einzelne Kapitel der Mathematik bieten die Möglichkeit, anhand von Beispielen statistische Elemente anzusprechen, ohne daß diese Bereiche Lehrplaninhalt sein müssen. Im Abschnitt Querverbindungen und im abschließenden Beispiel wird näher darauf eingegangen.
Didaktik:
In didaktischer Hinsicht bietet der PC-Einsatz die Möglichkeit, den Zeitaufwand für Beispiele drastisch zu reduzieren. Vor allem der operative Teil kann dadurch wesentlich gekürzt werden. Ein Verzicht auf detaillierte Besprechung von Algorithmen oder gar deren Herleitung erscheint zugunsten deren Anwendung vertretbar. Die Möglichkeiten der grafischen Darstellung bereichern gerade die Statistik außerordentlich und legt eine Abstimmung mit dem Informatikunterricht nahe. Damit bleibt mehr Zeit für die Diskussion der Anwendbarkeit bzw. Auswahl von statistischen Methoden, die Erläuterung von Voraussetzungen, und die Interpretation von Ergebnissen unter möglichst frühzeitiger Berücksichtigung der Begriffe "Sicherheit" und "Genauigkeit" statistischer Aussagen. Dies erscheint für den "Laien" deshalb notwendig, um Schlagworten wie "die Statistik lügt immer" von Anfang an, schon im II.Jg. eine realistische Einschätzung entgegenzuhalten. Dies auch dann, wenn die "schließende" Statistik lt. Lehrplan erst im IV. oder V. Jg. vorgesehen ist.
Lehrinhalte :
Die nachfolgende Zusammenstellung umfaßt Vorschläge des Autors, welche Inhalte und Schwerpunktsetzungen im Mathematikunterricht zweckmäßig sein könnten. Sie mögen als Anregungen bei der Abstimmung zwischen Kollegen verstanden sein.
Aus Sicht der Anwendung erscheinen folgende Inhalte denkbar:
II. Jahrgang :
Merkmale und deren Ausprägung (Merkmalswerte), diskret und stetig, Klassenbildung, , Häufigkeitsverteilung als empirische Verteilung ohne math. Modellbildungen.
Kenngrößen für Lage (Arithmetisches Mittel, Median) und Ausbreitung (Lin. Abweichung, Varianz, Standardabweichung, Erläuterung der n- bzw. n-1 - gewichtung)
Grafische Darstellung von Verteilungen unter Nutzung von Software (Säulen- und Tortengrafik, Flächen als Maß für Häufigkeiten, .
Wahrscheinlichkeitsbegriff anhand einfacher Beispiele (Würfel, 6 aus 45), abhängige - unabhängige, vereinbare - unvereinbare Ereignisse, Additions- und Multiplikationsregeln, Zusammenhang mit logischen Operatoren.
Vorgriff auf die schließende Statistik: Zweck einer Stichprobenprüfung, Grundgesamtheit, Homogenität, Grundlagen der Probenahme.
Interpretation von Stichprobenergebnissen. Letztere erscheint durchaus anhand durchgerechneter Beispiele demonstrierbar. In welcher Richtung erwünschte Aussagesicherheit, erzielte Aussagegenauigkeit und erforderlicher Aufwand (Stichprobenumfang) zusammenhängen läßt sich, ohne daß dem Schüler Formeln oder deren Herleitung bekannt sein müssen, begrifflich und zahlenmäßig veranschaulichen.
Als Zeitrahmen im II. Jg. erscheinen etwa 12 bis 20 Wochenstunden, je nach Behandlungstiefe, angemessen.
IV./V. Jahrgang :
Verteilungen (diskret, stetig, Wahrscheinlichkeitsfunktion), Parameter (bekannt oder geschätzt), Modellcharakter der Wahrscheinlichkeitsverteilung mit Gültigkeitsbetrachtungen.
Als Modelle erscheinen Gleichverteilung, Alternativverteilung, Binomialverteilung, Poissonverteilung und Gaußverteilung, jeweils mit Modellvorstellung, Parametern und Anwendungsbeispielen ausreichend.
Für die Gaußverteilung ist das Einüben der Normierung zweckmäßig. Die Verwendung des Begriffes "Normalverteilung" erscheint unglücklich, Abweichungen von dieser sollen nicht den Charakter des "Abnormalen" bekommen.
Die Klärung der "Herkunft" der Parameter führt zwangsläufig und möglichst frühzeitig zur Betrachtung der "schließenden" (induktiven) Statistik. Parameterschätzung und Signifikanztests einschließlich t-Verteilung, F-Verteilung und Chi²-Verteilung sollten hinsichtlich ihrer Behandlung im Mathematikunterricht mit den Anwendungen in den Fachbereichen spezifisch abgestimmt sein. Inhalte, die in den Fachbereichen zu kurz kommen, könnten ausgleichend in Mathematik behandelt werden, beispielsweise Regression und Korrelation als kaufmännische Betrachtungen im Sinne der Trendrechnung.
Die Methoden des Qualitätsmanagements werden überwiegend im betreffenden QM-Gegenstand verbleiben müssen, jedoch kann der Mathematiker, entsprechende Abstimmung vorausgesetzt, bei der Erarbeitung des statistischen Instrumentariums Grundlagen aus den vorgenannten Themenbereichen einbringen.
Geeignete Beispiele fand der Autor im Buch Timischl/Qualitätssicherung xxxx-Verlag.
Der Zeitrahmen wird sehr schulspezifisch sein und vom Stundenkontingent des Gegenstandes sowie von der Abstimmungsmöglichkeit abhängig sein.
Querverbindungen:
Bei folgenden, im Lehrplan angeführten Themen, findet der Artikelverfasser unmittelbare Ansatzmöglichkeiten für Bezüge zur Statistik :
Funktionen :
Begriff der Wahrscheinlichkeitsfunktion, Häufigkeitsverteilung, grafische Darstellung.
Bestimmtes Integral :
Häufigkeit / Wahrscheinlichkeit als Fläche unter der Verteilungsfunktion.
Partielle Ableitung / Extremwertaufgabe (mit mehreren Variablen) :
Herleitung der Ermittlung der Parameter der Regressionsgeraden durch Minimierung der Summe der Abstandsquadrate. Der Lösungsweg führt auf die "gauß´schen Normalgleichungen", ein gutes Übungsbeispiel für >
Matrizen und Determinanten :
Lösung von linearen Gleichungssystemen.
Gebrauch der in der Praxis üblichen Hilfen :
Arbeiten mit Tabellen, Nomogramme, Taschenrechner ( Statistikfunktionen, Ermittlung von stat. Tabellenwerten durch Näherungsformeln). Stat. Funktionen und Grafikfunktionen in Softwarepaketen.
Rechner- / Softwareeinsatz :
In jeder Schule wird sich heute dem Mathematiker die Möglichkeit der Arbeit mit den Schülern - oder zumindest der Demonstration von Beispielen - am PC bieten. Entsprechende Software, am besten ist jene geeignet deren Möglichkeiten der Lehrer optimal nutzen kann, bietet die Ermittlung statistischer Kenngrößen, Darstellung von Verteilungen, Regressionsrechnung mit vielfältiger Wahl von Funktionstypen, Varianzanalyse und vieles mehr. Selbst ohne Kenntnis der Algorithmen kann der Schüler stat. Berechnungen durchführen.
Ideal ist die Möglichkeit, die Änderung einzelner Größen mit minimalem Zeitaufwand in ihrer Auswirkung zu demonstrieren.
Dies sollte auch dazu führen, sich von überlieferten Beispielen zu trennen, die zur Senkung des Rechenaufwandes stark vereinfacht und im Umfang reduziert waren. Der Behandlung realistischer (Thema, Umfang und Zahlenstruktur) Beispiele steht nichts im Wege.
Die grafische Darstellung könnte durchaus mehr werden als ein Veranschaulichen von Ergebnissen. Als "Präsentationsgrafik" wäre ein fächerübergreifendes Element in einschlägigen Projekten gegeben.
Beispiel :
Als Demonstrationsbeispiel für einige der erläuterten Ansätze wurde ein Regressionsthema (Trendrechnung) gewählt.
Es sei eine Umsatzstatistik über mehrere Jahre verfügbar und der Trend für eine mögliche zukünftige Entwicklung abzuschätzen.
Im ersten Teil (Tabellen 1.x und Diagramme 1.x) sind lediglich Angaben und Ergebnisse, schrittweise variiert, dargestellt. Zwischenergebnisse bleiben ausgeblendet. Sie dienen, ohne Belastung durch Rechengänge, der Einführung in Wesen und Problematik der Trendrechnung.
Nach Klärung, daß eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung nur für einen Zeitraum ohne gravierende singuläre Einflüsse (z.B. Änderung des Produktionsprogrammes) sinnvoll sein kann, wäre der Funktionstyp zu wählen.
Die Bedeutung der grafischen Abschätzung könnte anhand Grafik 1.1 diskutiert werden.
Die Gegenüberstellung der Darstellungen 1.2(linear) und 1.3 (polynom 3. Grades) läßt erkennen, wie unterschiedlich die schwankenden Umsätze als "funktional" bedingt oder als "zufällige Streuungen" um die Regressionslinie interpretiert werden. Die Prognose für 98 oder gar 99 läßt den Unterschied im Ergebnis deutlich werden.
Die Frage nach dem "richtigen" Ergebnis führt zunächst zur Warnung, aus wenigen Daten viele Parameter errechnen zu wollen, dann zur Überlegung, daß es sich um Schätzwerte mit beschränkter Genauigkeit und Sicherheit handelt. In Darstellung 1.4 ist dem linearen Trend der Vertrauensbereich (Irrtumswahrscheinlichkeit 5%) hinzugefügt.
Im Unterricht wäre zweckmäßig, nicht die vorgestellten "Ergebnisse" zu präsentieren, sondern am PC deren Zustandekommen zu erläutern. Das Verändern einzelner Werte in der Urliste könnte demonstrieren, wie sehr die Prognosewerte von der Zuverlässigkeit des verfügbaren Datenmaterials abhängen.
In Darstellung 2 sind jene Zwischenwerte mit eingeblendet, die erforderlich sind, wenn ohne Benutzung von programmierten Funktionen der Trend dritten Grades ermittelt wird. Tabelle 2 enthält die um die erforderlichen Potenzen der Funktionswerte erweiterte Tabelle samt Summen, die die Koeffizienten für die "Normalgleichungen" bilden. Die Determinanten der dargestellten Matrizen dienen der Lösung des Gleichungssystems zur Berechnung der Trendfunktion
Y = a0+a1X+a2X2+a3X3
Bemerkt sei, daß fiktive Jahreszahlen (real - 90) die Rechenwerte in Grenzen halten und der Gefahr von Ungenauigkeiten vorbeugen. Die Möglichkeit von geeigneten Skalenänderungen wird damit in einem demonstriert.
Die Besprechung der verwendeten Formeln und Vertiefung mancher Überlegungen ließ die Zeit nicht zu und muß einem in Aussicht gestellten Statistik-Seminar vorbehalten bleiben.