Günther BÖCK , HTBLA Hollabrunn 

Laplace-Transformation

Kurzzusammenfassung:

Der folgende Artikel wurde ursprünglicherweise zusammengestellt für den Unterricht im 4.Jahrgang der Abteilung Steuerungs- und Regelungstechnik. Für den Regelungstechniker ist die LAPLACE-Transformation ein unentbehrliches Hilfsmittel zur Berechnung von Netzwerken. Größere Bedeutung erlangt dieser Beitrag aber durch das Erscheinen neuer Lehrpläne, in denen der Punkt "Integraltrans-formationen" nunmehr explizit angeführt wird.
Ich stelle daher diesen Beitrag im Rahmen einer AMMU-Aussendung allen Interessenten, insbesondere aber jenen KollegInnen zur Verfügung, die dieses Kapitel erstmals unterrichten.
Die vollständige Winword-Datei mußte wegen ihres Umfanges komprimiert werden. Sie darf nach Belieben den eigenen Bedürfnissen im Unterricht angepaßt und dort verwendet werden.

Datei zum Herunterladen:    LPT_BO.ZIP

L.1 Definition der Laplacetransformation (LPT)

Originalbereich mit Variable 
Bildbereich mit Variable 
Korrespondenz (nach DIN 5487) = symbolische Schreibweise für das Funktionenpaar Originalfunktion und Bildfunktion:
 

auch  x(t)  X(s)

bzw.  y(t)  Y(s)

Die LPT ordnet der Zeitfunktion (Originalfunktion) f(t) die Bildfunktion (LAPLACE-Transformierte) F(s) zu.

Die Transformationsgleichung der LPT ist ein uneigentliches Integral 1 Art. Die Größe s ist dabei ein komplexer Parameter. Durch Ausführung der Integration und durch Einsetzen der Grenzen verschwindet die reelle Variable t.

Bemerkung:

Mittels der LPT sollen Einschaltvorgänge in der Elektrotechnik beschrieben werden, daher ist nur t³ 0 interessant.
(Dies ist gemeinsam mit dem Dämpfungsfaktor e-st eine Voraussetzung dafür, daß das uneigentliche Integral für möglichst viele Originalfunktionen f(t) konvergiert.)
Weil s aber unabhängig von der Zeit t ist, ist s bei der Integration eine Konstante!

Ziel dieses Artikels:

Lösen von gewöhnlichen Differentialgleichungen mittels LPT

1) Differentialgleichung  algebraische Gleichung (linear in F(s))

2) Explizites Auflösen der algebraischen Gleichung nach F(s)

3) Rücktransformation F(s) f(t) Þ Lösung der DGL
 

L.2 Einführung in die Methode der LPT

 
L.2.1 LPT elementarer Zeitfunktionen

 EX 1a: LPT der Sprungfunktion 

  

      

  

s(t)      Sprungfunktion   

Verallgemeinerung:

  

  

       

 

 
   Sprungfunktion allgemein  k  

kf(t)  kF(s) Multiplikative Konstante bleibt erhalten

Begründung:
Multiplikative Konstante kann bei der Transformation vor das Integral gesetzet werden.
Beispiel für Sprungfunktion: Einschalten eines Gleichstroms Reaktion auf eine sprungförmige Änderung der Eingangsgröße wird rechnerisch untersucht.
Ausgangsgröße heißt Sprungantwort h(t) bzw. Übergangsfunktion.

EX 1b: LPT der zeitverschobenen Sprungfunktion

Sprung zum Zeitpunkt t = a (und nicht zum Zeitpunkt t = 0)

       

 

 

 

               Verschiebung  Dämpfung

 f(t-a)               Verschiebungssatz !

 
EX 1c: LPT des Rechtecksimpulses

  
  
 

  
  
 

 

  
 

       

 

 
Rechtecksimpuls entsteht als Differenz zweier Sprungfunktionen!

  

 EX 2: LPT der Rampenfunktion, kurz: Rampe
 

    

  

       

 


Verallgemeinerung:

          Rampe         kt           (allgemein)

EX 3: LPT der e-Funktion

 

     
 

       

 

 

   analog:   

               Dämpfung  Verschiebung

               Dämpfungssatz (Vorzeichen!)

EX4: LPT der Winkelfunktionen

sin(at)           analog:             cos(at)  

Verwendete Sätze:

               Additionssatz

                           Dämpfungssatz (Vorzeichen!)

EX 5: LPT der Hyperbelfunktionen

sinh(at)           analog:         cosh(at)  

L.2.2 Impulsfunktion ...(DIRAC-sche Deltafunktion)

geg.: Sprungfunktion 

ges.: Ableitungsfunktion
Bemerkung: Die Aufgabenstellung ist mathematisch nicht ganz exakt.  ist bei t=0 unstetig und besitzt an dieser Stelle keine Ableitung. Wir ersetzen daher die Sprungstelle durch eine Rampe in einem Intervall ]0,a] und führen danach den Grenzübergang a ® 0 durch.

Ersatzfunktion: Grenzübergang Þ Sprungfunktion:
 

 
 

 

Ersatzfunktion abgeleitet Grenzübergang Þ Impulsfunktion

   

 

Die Ableitung f´(t) der Ersatzfunktion ist ein Rechtecksimpulse, dessen Impulsfläche 1 ist.

Wenn die Impulsdauer a nun gegen Null konvergiert, also  erhält man in der Grenze einen sehr hohen, schmalen Impuls.

Die Impulsfunktion (Pseudofunktion) wird graphisch dargestellt durch einen Pfeil der Länge 1. ("Einheitsimpuls")


Es ergibt sich damit die wichtige Korrespondenz:

   1

Die in ihrer Definition etwas problematische Impulsfunktion hat eine besonders einfache LAPLACE-Transformierte.

Ein DIRAC-Impuls ist ein idealisierter, technisch nur näherungsweise darstellbarer Impuls. Er tritt zwar in der Natur nie exakt auf (physikalische Größen können keine unendlichen Werte annehmen), bei der mathematischen Beschreibung von Systemen bietet er aber vielfach sehr bequeme und genaue Näherungen an das tatsächliche dynamische Verhalten.
Bem.:  ist neben  die wichtigste Testfunktion für das Verhalten von elektrischen Netzwerken. Wird in der Regeltechnik zum Austesten von Regelkreisen verwendet. Die Reaktion eines Systems auf die Impulsfunktion als Eingangsgröße heißt Impuls-antwort bzw. Gewichtsfunktion g(t).

L.2.3 LPT mittels DERIVE

A) Transformation: y=f(t) F(s)

A1) DERIVE Hilfsdatei INT_APPS.MTH laden
A2) Befehl  y(t)...Variable t !

Bemerkung:
Nach L.1 Definition beruht die Transformation auf einer symbolischen Integration eines uneigentlichen Integrals.
Damit dieses Integral konvergiert (also einen Wert  liefert), muß s generell als positiv, also f(t<0) = 0 deklariert werden.

A3) Declare Variable s  Integer Positive 

A4) Simplify

Bemerkung:
in DERIVE mittels Alt N oder mittels epsilon
in DERIVE mittels Alt 0 oder mittels inf

Enthält y einen Dämpfungsfaktor der Gestalt (mit einer Konstanten ), so muß s > k erfüllt sein, damit das Integral konvergiert.

Es gibt LPT, die LAPLACE nicht berechnen kann.
Liefert LAPLACE einmal keine geschlossene Form, so sollte man zur Vorsicht in einer Tabelle nachsehen.

B) Rücktransformation: F(s) y=f(t)

B1) F(s) mittels Expand in Partialbrüche zerlegen

B2) Umformung

B3) Nachschlagen in Transformationstabelle
Beispiele:
EX1: Sprungfunktion:
 
EX2: Rampe:
 
EX3: e-Funktion:
 
                                e=2,71828 ... mittels ALT e (sonst e als Variable gedeutet)

EX4: Winkelfunktionen:
EX 4a:
 
EX 4b:
 
EX 4c:
 
EX 5:
 
EX 6:
 
L.2.4 LAPLACE-Transformationstabelle
 

    Originalbereich: f(t)

 

  Bildbereich: F(s)
  1) Impulsfunktion 

 

1

 2) Sprungfunktion 

 

 3) Rampe 

t

 

 4) Potenzfunktion 

Sonderfälle  2) und 3)

5) e-Funktion 

Sonderfall  2)

6) Winkelfunktionen

 sin(bt)   cos(bt)

7) Hyperbelfunktionen

  sinh(bt)   cosh(bt)

   

 

L.2.5 LAPLACE-Transformationssätze

 

    Originalbereich: f(t)

 

  Bildbereich: F(s)
1) Multipl. Konstante 

 k f(t)

k F(s)

2) Additionssatz

 f1(t) + f2(t)

F1(s) + F2(s)

3) Linearitätssatz 

 a f1(t) + b f2(t)

a F1(s) + b F2(s)

4) Verschiebungssätze 

 

4a) Dämpfungssatz 

 

4b) Zeitverschiebungssatz

Dämpfung:    nach rechts: f(t-a)   nach links: f(t+a)

Verschiebung: F(s+a)   Verschiebung: F(s-a)   Dämpfung:  Korrekturintegral wegen f(t<0)=0

5) Differentiationssätze 

 Ableitung:     Multiplikation: (-1) f(t)

Multiplikation:    Ableitung: F´(s)

6) Integrationssatz

Integral:

 Division: 

7) Grenzwertsätze

Für Anfangswert: Für Endwert:

 
Differentationssatz

Erste Ableitung:

f(t)  F(s)                 f'(t)  ?

Sensationell! Aus der Ableitung wird eine Multiplikation!
=> Aus einer DGL wird dann eine algebraische Gleichung.

Bemerkung:
Anstatt f(0) rechtsseitigen Grenzwert  nehmen!
                                   Differentationssatz f.d.1. Ableitung

Höhere Ableitungen:

  
  
  .....
           Differentialsatz n-te Ableitung

Bem.: Rechnung wird einfacher, wenn , dann ist

                                             Ableitung  Multiplikation mit s

Anwendungsbeispiel für den Differentationssatz:

[cos(at)]'    -a sin(at)

Anwendung in der Elektrotechnik: Spannung an einer Spule

  

Integrationssatz:

Bem.: Im Originalbereich ist die Integration die Umkehrung zur
Differentation. Dasselbe ist im Bildbereich der Fall:

  

Folgerung:

                               Integrationssatz

       Integrationssatz allgemein

Anwendung in der Elektrotechnik: Spannung am Kondensator

  

Zusammenfassung:

Vergleich der Wechselstromtechnik mit dem LAPLACE-Bildbereich

Ohm'scher Widerstand

               OHM´sches Gestez

OHM´sches Gesetz, KIRCHHOFF direkt im Bildbereich anwendbar!

Induktiver Widerstand (Spule)

   bzw. 

Vgl.Induktiver Widerstand (Wechselstromtechnik): 

Kapazitiver Widerstand (Kondensator)

           bzw. 

Vgl. Kapazitiver Widerstand (Wechselstromtechnik): 
 

L.2.6 Residuensatz zur Rücktransformation in den Originalbereich

 
Geg.: Bildfunktion
 

Ges.: Rücktransformation

1) Zerlegung des Nenners in Linearfaktoren

2) Nennerfunktion von F(s) hat nur einfache Nullstellen

  Ansatz durch Multiplikation mit e-Funktion

3) Klammerausdrücke im Nenner der Reihe nach abdecken
 
4) In den drei so entstehenden Brüchen s=s1, s=s2, s=s3 setzen

5) Summe bilden  Originalfunktion

6) Simplify  

Probe: Transformation in den Bildbereich


Bildfunktion:
 

L.3 Anwendung der LAPLACE-Transformation auf das Lösen von gewöhnlichen Differentialgleichungen

L.3.1 Lineare DGL 1.Ordnung mit konstanten Koeffizienten

 
   
    y   F(s)

1.Schritt: Transformation
 
mit Anfangsbedingung der Originalfunktion f(t):

 
2.Schritt: Lösen der algebraischen Gleichung im Bildbereich
 

3.Schritt: Rücktransformation mittels Tabelle oder Residuensatz
 

L.3.2 Lineare DGL 2.Ordnung mit konstanten Koeffizienten

 
   
   
    y  F(s)

1.Schritt: Transformation

 
mit Anfangsbedingungen der Originalfunktion f(t):

 

2.Schritt: Lösen der algebraischen Gleichung im Bildbereich

 

3.Schritt: Rücktransformation mittels Tabelle oder Residuensatz
 

L.3.3 Beispiele

EX1:
 
        mit Anfangsbedingungen y(0)=0 und y'(0)=1

 
Manage Substitute s durch s-3 ersetzen (L.2.5 - Verschiebungssatz)
und mittels Author L{Differentialgleichung} eingeben

          soLve F(s)
                                                              Expand s
                                                                  händisch umformen
 
Rücktransformation siehe L.2.4 (Tabelle) und L.2.5 (Dämpfungssatz)
 
EX2:
 
        mit Anfangsbed. 
 
                  soLve F(s)
                                                               Expand s
                                            händisch umformen
 
Rücktransformation siehe L.2.4 (Tabelle) und L.2.5 (Dämpfungssatz)
 
Weitere Beispiele vergleiche AMMU-Mai 96 [8] Beitrag 11-Seite 4-8: Günther BÖCK, Mathematik unter Benutzung moderner Rechenhilfen - Schularbeiten mit DERIVE