Roland Pichler, HTBLA Kapfenberg
 
Kurvendiskussion von Biegelinien

Mathematische Inhalte:

Differentialrechnung Anwendung: Berechnung von Extremstellen, Wendepunkten, Steigungen und Krümmungen Kurzzusammenfassung: Die elastische Linie eines halbeingespannten, durch eine Kraft F symmetrisch belasteten Trägers mit Auflager setzt sich aus zwei Kurven mit verschiedenen Funktionsgleichungen zusammen. Diese sollen auf technisch wichtige Bereiche untersucht werden. Außerdem sind die Steigungen und Krümmungen an der Stelle der einwirkenden Kraft anzugeben. Lehrplanbezug: 3.Jahrgang - Kurvendiskussionen Didaktische Ziele: - Berechnung mathematischer Aufgaben mit ComputerAlgebraSystemen (CAS)
- Die Ergebnisse von computerunterstützten Berechnungen auf die wesentlichen mathematischen Inhalte untersuchen
- Anwendung der Infinitesimalrechnung auf technische Probleme
Mediales Umfeld: Verwendete Medien:

Die Berechnungen wurden vollständig mit der DERIVE (Soft Warehouse, Inc.), Version 2.03, durchgeführt.

Dateinamen zum Herunterladen: pi_biega.txt (Textdatei) - pi_biegb.mth (DERIVE-Datei)
 

Anmerkungen:

Dieses Beispiel wurde gewählt, um die Möglichkeiten, die im Programmpaket DERIVE stecken, anzudeuten. Der Lehrer hat speziell wegen der Leistungsfähigkeit des Pakets im Graphikbereich (z.B. Zoomen, Nullpunktsverschiebung,..) und auch anderer Eigenschaften, die Möglichkeit für den Lernerfolg wesentliche Bereiche schnell und genau herauszuarbeiten. Auch im Umgang mit Mathematiksoftware unerfahrene Lehrer können sich rasch und leicht einarbeiten. Der Schüler wiederum kann jederzeit die Richtigkeit seines Arbeitens mit dem Rechner auch "händisch" überprüfen.
Die Aufgabenstellung stammt aus dem Maschinenbaubereich. Sie kann aber auch ohne große Probleme in anderen Abteilungen besprochen werden.
Die Herleitung der beiden Differentialgleichungen für die elastische Linie könnte im 4.Jahrgang (Höhere Abteilung Maschinenbau) in Zusammenarbeit mit Lehrern des fachtheoretischen Unterrichtes (Mechanik) erfolgen.
Diese Aufgabe ist als Fortsetzung jenes Beitrages gedacht, den Sie in der Erstaussendung als Musterausarbeitung zugesandt bekommen haben (Balken auf zwei Stützen). Sie bearbeitet das gleiche Problem mit etwas schwierigerer Angabe (Träger einseitig eingespannt). Sie kann aber natürlich auch völlig alleinstehend betrachtet und durchgearbeitet werden (ist also in sich völlig abgeschlossen).

Aufgabenstellung

Als Biegelinie bzw. elastische Linie bezeichnet man eine durch Biegebeanspruchung verformte Stabachse (Biegeachse, Nullinie). Der ursprünglich gerade Träger wird durch die Biegung und die dadurch hervorgerufenen Zug- bzw. Druckspannungen gekrümmt. Die Ermittlung der Durchbiegung kann graphisch und analytisch erfolgen.

Auf analytischem Weg erhält man die Differentialgleichung der

Biegelinie. Sie hat folgendes Aussehen: 

Dabei sind E (Dehnungsmodul bzw. Elastizitätsmodul) und I (Trägheitsmoment) als konstant anzunehmen.

y''hängt also nur von M(x), dem Biegemoment, ab.

Die Gleichung der elastischen Linie ergibt sich durch zweimaliges Integrieren der Differentialgleichung und Auflösen der zugehörigen Rand- und Nebenbedingungen.

Von einem halbeingespannten, durch eine Kraft F symmetrisch belasteten Träger mit Auflager sollen die Stellen größter Durchbiegung sowie die Wendepunkte berechnet werden.

Danach ist zu untersuchen, ob die beiden Kurven an der Stelle

x = l/2 glatt zusammentreffen (Stetigkeitsbedingung aufgrund physikalischer Überlegungen).

Die Gleichung der Biegelinie setzt sich aus zwei Teilen zusammen:

Für x<= 1/2 gilt: 

Für z = l - x und z<=l/2 gilt: 

Der Ausdruck des Arbeitsprotokolles für diese Aufgabe, wie es am Bildschirm von DERIVE erscheint, finden Sie im Anhang dieses Beitrages.

Ausführung:

Zweimaliges Differenzieren der ersten Funktion liefert die Extremstellen und Wendepunkte.

Eingabe der ersten Gleichung y(x):

f*l^3/(32*e*i)*(x/l)*(1-5/3*(x^2/l^2))                [#1]
 

DIF(f*l^3/(32*e*i)*(x/l)*(1-5/3*(x^2/l^2)),x)         [#2]

-f*(5*x^2-l^2)/(32*e*i)
 

DIF(-f*(5*x^2-l^2)/(32*e*i),x)                        [#3]

-5*f*x/(16*e*i)

Lösen der Gleichung y(x)'= 0 (Extremstellen) liefert:

x=-SQRT(5)*ABS(l)/5                                   [#4]

x=SQRT(5)*ABS(l)/5                                    [#5]

Lösen der Gleichung y(x)''= 0 ergibt:

x=0                                                   [#6]

Das heißt, der Wendepunkt hat die Koordinaten (0;0);
(man erkennt das sofort, wenn man in y(x) x=0 einsetzt).

Eingabe der zweiten Gleichung y(z):

f*l^3/(32*e*i)*(z^2/l^2)*(3-11/3*(z/l))               [#7]

Ersetzen von z durch x:

z:=l-x                                                [#8]

ergibt

f*(x-l)^2*(11*x-2*l)/(96*e*i)                         [#9]
 

DIF(f*(x-l)^2*(11*x-2*l)/(96*e*i),x)                  [#10]

f*(x-l)*(11*x-5*l)/(32*e*i)
 

DIF(f*(x-l)*(11*x-5*l)/(32*e*i),x)                    [#11]

f*(11*x-8*l)/(16*e*i)

Man kann selbstverständlich die zweite Gleichung auch nach z differenzieren; es muß jedoch beachten werden, daß die Ableitung von z nach x ein negatives Vorzeichen ergibt und daher y(z)'und y(z)'' mit (-1) multipliziert werden müssen (Kettenregel).

Lösen der Gleichung y(z=l-x)'= 0 (Extremstellen) liefert:

x=l                                                   [#12]

x=5*l/11                                              [#13]

Lösen von y (z=l-x)''= 0 ergibt:

x=8*l/11                                              [#14]
 

Zur Berechnung des y-Wertes des Wendepunktes definiert man:

x:=8*l/11                                             [#15]

und setzt in Ausdruck [#9] ein. das Ergebnis lautet:

9*f*l^3/(1936*e*i)                                    [#16]

Der Wendepunkt hat daher die Koordinaten

(Die Vereinbarung [#15] für x wird durch Declare/Variable/Domain/Real rückgängig gemacht).

Da die tatsächliche Biegelinie eines verformten Trägers eine glatte Kurve darstellt, ist das Verhalten der beiden Funktionen am Berührpunkt genauer zu untersuchen.

Zwei Kurven berühren einander an einem Punkt (x0,y0), wenn sie dort Tangenten besitzen und diese gleich sind.

Auch die Krümmung im Punkt (x0,y0) gibt Auskunft, ob sich die beiden Funktionen entsprechend den physikalischen Gegebenheiten verhalten. Sind die beiden Vorzeichen gleich, so "krümmen sie sich in die gleiche Richtung",wenn nicht, existiert dort ein Wendepunkt (stetige Differenzierbarkeit genügend oft vorausgesetzt).

die Krümmung berechnet man nach folgender Formel: 

Berechnung des Berührpunktes:

Gleichsetzen [#1] und [#9]:

f*l^3/(32*e*i)*(x/l)*(1-5/3*(x^2/l^2))=f*(x-l)^2*(11*x-2*l)/(96*e*i) [#17]

Lösung von [#17]:

x=l/2                                                                [#18]

Berechnung der Krümmungen der beiden Funktionen an der Stelle x=l/2:
 

(-5*f*x/(16*e*i))/(1+(-f*(5*x^2-l^2)/(32*e*i))^2)^(3/2)              [#19]
 
 

f*(11*x-8*l)/(16*e*i)/(1+(f*(x-l)*(11*x-5*l)/(32*e*i))^2)^(3/2)      [#20]
 

Festlegen von x:=l/2

x:=l/2                                                               [#21]

Einsetzen in [#19] ergibt die Krümmung der ersten Kurve:

-327680*e*f*i*l*ABS(e*i)/(16384*e^2*i^2+f^2*l^4)^(3/2)               [#22]
 

Einsetzen in [#20] ergibt die Krümmung der zweiten Kurve:

-327680*e*f*i*l*ABS(e*i)/(16384*e^2*i^2+f^2*l^4)^(3/2)               [#23]

Die Krümmungen haben den gleichen Betrag und das gleiche Vorzeichen.

Berührbedingung:

Einsetzen von x:=l/2 in [#2]:

-f*l^2/(128*e*i)                                                     [#24]
 

Einsetzen in [#10]:

-f*l^2/(128*e*i)                                                     [#25]

DERIVE erlaubt auch eine graphische Darstellung der Biegelinie.

Dazu wird die Verinbarung für x aus [#21] rückgesetzt und f,e,i,l mitfolgenden Zahlen belegt:

f:=32, e:=1, i:=1, l:=1.

Es ist selbstveständlich jede andere Belegung möglich.
 

Literaturhinweise:
 

[1] : Schärf Mathematik Band III, Band IV, R Oldenbourg Verlag;

[2] :Technische Mechanik, Band 3, Themodynamik, Festigkeitslehre,Schwingungen;

B.G. Teubner Stuttgart, Hölder-Pichler-Tempsky Wien;

Anhang
 

Das Protokoll der Berechnung
 
 

Links der Bildschirminhalt, recht nützliche Kommentare als Arbeitshilfe